Vor
einigen Jahren wurde ich (Bianka) von Schwägerin und Lieblingsnichte zu einer Lesung
„Geschichten aus 1001 Nacht in die Buchhandlung Hilberath & Lange in
Mülheim an der Ruhr eingeladen. Thema war Usbekistan.
Zwei Frauen erzählten von ihrer Reise in das bis dato für mich unbekannte Land und trugen Geschichten vor, taten dies mit viel Enthusiasmus und Liebe für Land und Leute, zeigten traumhafte Bilder und boten kleine landestypische Snacks an.
Für mich stand am Ende der Veranstaltung fest: Da muss ich hin. Nach sechs Jahren konnte ich diesen Entschluss umsetzten und am 02. Mai stehe ich mit meiner Arbeitskollegin Uta am Flughafen Frankfurt und warte auf den Aufruf zum Boarding. Unser Abenteuer kann beginnen!
Das
Boarding beginnt pünktlich und knapp 6 Stunden später landen wir in Taschkent,
der Hauptstadt von Usbekistan.
Der
Flug war angenehm, der Service sehr freundlich und der Beinabstand ausreichend.
Am Flughafen treffen wir
unsere Reiseführerin Iroda und 10 weitere Mitreisende.
Direkt nach der Ankunft im Shodlik Hotel, wo wir für zwei Nächte bleiben, tauschen wir Euro in Sum und werden bei einem Wechselkurs von 1 : 9.600 ruckzuck zu Millionärinnen.
Wir trinken ein Bier in der Hotelbar (je Flasche 2 €) und fallen müde und voller Vorfreude auf die kommenden Tage ins Bettchen.
Wir
haben gut geschlafen und nach einem guten Frühstück starten wir zu der
Stadtbesichtigung. Iroda kündigt an, dass sie uns mehr als nur die 3 großen M
(Medresen, Machallas, Moscheen) zeigen wird.
Gespannt
besteigen wir den Bus und los geht es.
Erste Station ist die
Gedenkstätte Muschestwo (Tapferkeit).
Hier
wird an die Naturkatastrophe von 1966 erinnert, als ein Erdbeben fast die
gesamte Stadt zerstörte. Lediglich Gebäude aus dem 16. Jahrhundert blieben
stehen. Es scheint, man wusste schon damals, dass und vor allem wie man in
einem Erdbebengebiet bauen sollte.
Im Bereich von Khast Iman
sehen wir traumhafte Gebäude, den ältesten Koran der Welt und können Iroda
nicht glauben, wenn sie sagt, dass sich der Prunk der Gebäude in den kommenden
Stationen noch steigen wird.
Der Chorsu Basar ist der älteste Basar Zentralasiens. Wir durchstöbern ihn. Zuerst mit Iroda, die nicht müde wird, uns alles zu erklären und dann erobern wir die obere Etage auf eigene Faust.
Usbeken und die Bewohner der umliegenden Staaten kochen gerne mit diesem Fett. Iroda warnte uns jedoch vor diesem Genuss und führte uns ausschließlich dorthin, wo „touristengerecht“ gekocht wurde. Das waren nicht nur Restaurants, sondern auch kleine Suppenküchen. Während der Reise trafen wir Deutsche, die einen Abstecher nach Turkmenistan gemacht haben, 80 % der Reisegruppe litt während der Reise an fürchterlichen Verdauungsbeschwerden, da waren wir froh über die vorausschauende Planung unserer Reiseleitung
Auch wenn die Präsentation für uns ungewöhnlich ist, wir haben alles gut vertragen. Angefangen von Erdbeeren, Kirschen zu Gurken, Salat und Rind- bzw Lamm (Hammelfleisch).
Wir sehen beim Backen zu und essen anschließend das frische Brot. Hm, ich meine, ich habe den Duft noch immer in der Nase.
Jede
Station ist kunstvoll gestaltet.
Die Züge sind zwar nicht
topmodern, fahren aber pünktlich. Erstaunt hat uns das Verhalten der Menschen
in den Bahnen: Sobald wir einstiegen, wurden uns Sitzplätze angeboten. Es sind
viele junge Menschen unterwegs (das Durchschnittsalter ist 26 Jahre – in
Deutschland 42 Jahre).
Nach
dem Abendessen hat Iroda noch eine Überraschung für uns. Wir können auf einer
usbekischen Hochzeit tanzen!
Glück
soll es bringen, wenn Fremde als Gäste bei einer Feier dabei sind. Klar sagen
wir da nicht nein und posen auch für das Familienalbum.
Die Braut schaut nicht
aufgrund unserer Anwesenheit so traurig. Uns wurde erklärt, dass die Braut ihre
Freude über die Hochzeit nicht zeigt und nicht ausgelassen ist, damit sie nicht
bösen Geister auf sich aufmerksam macht. Nehmen wir das mal so hin.
Bevor es Wodka bis zum Abwinken gibt, ziehen wir uns zurück. Ein ereignisreicher Tag geht zu Ende.
Wir fliegen mit der Morgenmaschine von Taschkent nach Nukus, fahren durch die Wüste Kisilkum, besichtigen unterwegs die Festungsanlage Ayaz Kala und kommen am späten Nachmittag in Khiva an.
180 km Fahrtstrecke, 4 Stunden Fahrtzeit (ohne Pausen) Das ist der Tagesablauf in Kürze.
Auf den Straßen sehen wir hochmoderne Autos, die alle weiß sind. Ich glaube ein einziges schwarzes Auto haben wir auf der gesamten Reise gesehen. Es sind aber auch Eselskarren, Pferdegespanne und eben dieses Paar unterwegs.
Die Wüste Kisilkum präsentiert sich abwechslungsreich.
Wir brauchen tatsachlich über vier Stunden reine Fahrtzeit für 180 km, ich habe noch nie einen so schlechten Straßenbelag gesehen. Es sind teilweise Schlaglöcher, die ihren Namen zu recht tragen. Streckenweise kann der Busfahrer nur in Schrittgeschwindigkeit und in Schlangenlinien fahren.
Es dämmert bereits, als wir in Khiva ankommen. Unser Hotel, das Old Khiva liegt in Sehweite der Altstadt von Khiva. Es ist ein kleines Hotel mit nur 21 Zimmern und verfügt über eine wunderbare Terrasse. Hier bleiben wir für drei Nächte.
Am
Abend gibt es Dillnudeln. Der Teig wird anstatt mit Wasser, mit ausgepressten
Dillsud gemacht. Obermegalecker.
Unsere Reisezeit ist ideal
für Liebhaber von Grünzeugs, es gibt frische Kräuter in Hülle und Fülle. Dill,
Petersilie, Schnittlauch, Koriander etc. und alles wird phantasievoll
zubereitet.
Gespannt
erkunden wir am nächsten Tag den märchenhaften Ort Khiva.
Zwischen Baudenkmälern
befinden sich Wohnhäuser der Einheimischen und es spielt sich trotz
Souvenirständen usbekisches Alltagsleben ab.
Iroda
fragt uns, ob wir wollen. Richtig Lust hatte keiner. Das liegt nicht an den
Kosten (1 oder 2 €/Person) sondern eher an dem bestehenden Vorurteil, dass es
ein Gejaule mit schrillen Tönen sein könnte.
Weit gefehlt! Die Truppe
begeistert uns.
Wir starten den neuen Tag mit der Besichtigung der Machalla (Nachbarschaft) außerhalb der Stadtmauer.
Als wir an einem Haus vorbeikommen, wo ein großer Ofen vor der Tür steht, weiht uns Iroda in das Geheimnis der usbekischen Brotbäckerei ein. Da erscheint eine ältere Frau, die sich als Schwiegermutter, also als das weibliche Familienoberhaupt vorstellt.
Sie
bietet an, Brotteig fertigen zu lassen und in 2 Stunden könnten wir beim Backen
zusehen. Das Angebot nehmen wir an und schon wird eine jüngere Frau –
offensichtlich die Schwiegertochter – recht herrisch angewiesen, Teig
anzurühren.
Wir sind pünktlich von
unserem Rundgang zurück, um beim Backen zuzusehen. Das frische Brot schmeckt
köstlich.
Gestärkt geht es weiter durch die oft als „Freilichtmuseum“ bezeichnetet Stadt.
Khiva ist eine wunderbare Stadt, die ohne weiteres ein Spielort im „Der Medicus“ sein kann.
Wir
verlassen schweren Herzens Khiva und fahren weiter durch die Wüste Kisilkum
nach Buchara.
Es
wird ein langer Tag werden. Für die Strecke von 450 km werden ca. 8 Stunden
veranschlagt. Mit vielen Stopps ist aber auch das gut zu überstehen.
Dazu kommt, dass wir einen
großen Bus Personen haben, jeder hat seine Sitzreise. Der Bus ist klimatisiert
und recht neu.
Wir
erreichen Buchara am späten Nachmittag, vertreten uns nach dem Einchecken im
Hotel „Fatima“ die Füße. Es liegt mitten in der Altstadt. Auch hier bleiben wir
für drei Nächte.
Dann
ist es auch schon Zeit zum Abendessen. Vom Lokal aus sehen wir am Horizont
einen goldenen Turm. Natürlich wollen wir unbedingt noch ansehen.
Staunend stehen wir vor dem Kalon Minarett, desm
Wahrzeichen von Buchara.
Am nächsten Tag lassen wir
uns von der Magie der Altstadt Bucharas (UNESCO Weltkulturerbe) mit ihren
imposanten Palästen, Moscheen, Mausoleen und Medresen bezaubern.
Da es heute sehr heiß (34 Grad) ist, stöbern wir immer wieder in den kühlen Basaren nach Souvenirs.
In einem der Basare werden wir von einer Gruppe junger Frauen angesprochen, die in der hiesigen Universität Deutsch lernen. Sie wollen durch das Gespräch mit Touristen ihren Wortschatz erweitern.
Der Stadtrundgang geht weiter, wir laufen bis zur Zitadelle Ark und bummeln über den Handwerker-Basar.
Heute ist der der 9. Mai – der Tag des Sieges und damit ein Feiertag. Die Altstadt von Buchara ist ein großes Volksfest. Es sind Bühnen aufgebaut, es wird gesungen und getanzt.
Uta und ich brechen nach dem Abendessen erneut auf und genießen das bunte Treiben. Musiker geben an fast jeder Ecke ein kleines Konzert, dazu wird getanzt. Es gibt keinen Alkohol, die Stimmung ist friedlich. Wir zwei Blondinen können uns unbehelligt unter die Einheimischen mischen. Gegen 23:00 Uhr sind wir wieder zurück im Hotel.
Ist das nächste Ziel auf unser Reise. Um 05:30 Uhr klingelt der Wecker. Eine lange Fahrt liegt vor uns, die Iroda mit Erzählungen aus 1.000 und 1 Nacht gekonnt überbrückt. Unterwegs machen wir Halt in Schahr-e Sabs. Die Stadt, in der König Timur geboren wurde.
Mächtige,
gigantischen Bauwerken der Timuriden prägen die Stadt. Das Bauwerk oben ist
lediglich das Eingangsportal eines Palastes und das Jahongir Mausoleum. Nach
einem Rundgang durch die Stadt geht es weiter nach Samarkand. Fahrtstrecke: ca.
350 km; Fahrtzeit: ca. 5,5 Stunden.
Wir nehmen das Angebot von
Iroda an und fahren für ein kleines Entgelt anstatt im Bus um einen Berg herum,
in Taxen über den Pass nach Samarkand.
Es ist
eine wunderbare Fahrt. Man merkt, Iroda liebt ihr Land und ist darauf bedacht,
uns so viel wie möglich zu zeigen.
Wir bleiben für 3 Nächte im
City Hotel.
Wir sind der Meinung, zu wenig Bewegung gehabt zu haben und laufen nach dem Abendessen ca. 3 km zum weltberühmten Registan Platz und sind komplett überwältig von dem Anblick. Auch heute wird es wieder spät, erst kurz nach Mitternacht kommen wir zurück zum Hotel.
Am nächsten Tag besichtigen wir Samarkand und starten mit der Besichtigung des Gur-Emir-Mausoleum, in dem König Timur bestattet ist.
Der Innenraum ist von atemberaubenden Prunk. Man kann sich schon vorstellen, wie die Landbevölkerung reagiert hat, wenn sie in die Nähe des Mausoleums gekommen ist und dann den Innenraum betritt. Ähnlich, wie in Europa mit dem überbordenden Reichturm, aber auch der Stille, der Sauberkeit und der Kühle in den Kirchen.
Am
Nachmittag besuchen wir noch einmal den berühmtesten Platz in Usbekistan und
das Wahrzeichen des Landes, den Registan Platz. Er wird an drei Seiten von
Medresen begrenzt.
Der Platz ist immer noch
gigantisch und die Medresen sind unglaublich – aber es hat nicht mehr die Magie
der Nacht.
Nachdem wir eine Papiermühle besichtigt haben, geht es zum letzten Besichtigungspunkt des heutigen Tages: der Mosaikstraße.
Eine
Gasse, in der ein Mausoleum neben dem nächsten steht. Die Gebäude ließ Timor
für seine weiblichen Familienmitglieder bauen.
Heute Abend gibt es Plow.
Das Traditionsgericht Usbekistan. Ein Reisgericht mit viel Gewürzen und noch
mehr Fleisch. Wir bekommen die Touristenvariante, also mit Rindfleisch statt
mit Hammel. Es schmeckt sehr gut und wir lehrnen von der Köchin, die das Rezept
verrät: eine gute Portion Liebe gehört immer dazu.
Auch heutige Tag ist lang und die Nacht wird kurz, den am nächsten Tag steht Kultur auf dem Programm.
Wir starten um 09:00 Uhr mit dem Besuch des Heimatmuseums. Interessant, aber auch anstrengend. Danach fahren wir etwas aus der Stadt heraus und besuchen das Mausoleum von Chodscha Danijar, das Grab des Heiligen Daniel.
Dann ist Zeit für den Basar:
Wir kaufen Samen für Gill, Koriander und gelbe Möhren.
Dann noch Nüsse für Uta und einen Hut für Karl. Der kleine Kerl entwickelt sich zum großen Liebling unserer Reisegruppe.
Abfahrt
ist heute erst um 11.00 Uhr, daher planen wir, den Registan Platz zum
Sonnenaufgang noch einmal zu besuchen.
Es ist
mühsam, aber wir stehen um 06:00 Uhr auf und gehen zum Platz.
Das
Licht ist nicht ideal, aber wir werden von zweis jungen Frauen gefragt, ob wir
Fotos mit ihnen machen wollen. Als wir zustimmen, gesellen sich deren Mütter
dazu.
So kommen wir doch noch zu
guten Bildern.
Viel
passiert heute nicht, wir fahren zurück nach Taschkent und übernachten wieder
im Shodolik Palace.
Unser
Abenteuer ist fast zu Ende, es geht zum Abschluss der Reise ins Ferghanatal.
Die Strecke legen wir mit einer vierstündigen Zugfahrt zurück.
An unseren Fenstern ziehen
Felder und schneebedeckte Berge vorbei.
In Kokand angekommen, sehen wir uns einen Palast und die Freitagsmoschee an. Wir sind „kachelmüde“, amüsieren uns aber über die Gruppe der Kindergartenkinder und begeistern uns für die wunderbar bemalten Säulen in der Moschee.
Der letzte Tag liegt vor uns.
Heute geht es wieder zurück nach Taschkent. Unterbrochen wird die 6stündige Busfahrt mit der Besichtigung einer Seidenmanufaktur und einer Keramikwerkstatt.
Wir kaufen letzte Souvenirs und Mittebringe.
Abschiedsessen!
Vom Reiseunternehmen war der Besuch eines Italieners geplant. Iroda scheint sich sehr darauf gefreut zu haben, wir sind uns aber einig, dass wir Pizza und Co. auch zu Hause haben können und drängen Iroda umzubuchen.
So können wir noch einmal usbekisch essen und genießen es. Zum Abschluss gibt es Obst und für jeden eine kleines Geschenk, einen Zahnstocherhalter.
Zum
Abschluss bekommt Iroda einen dicken Umschlag mit unserem Trinkgeld und wir
bedanken uns bei ihr für die wunderbare Führung durch Usbekistan.
Ein
letztes Bier, ein letzter Wodka in der Bar unseres Hotels und damit ist der
letzter Sum ausgegeben.
Um
02:00 Uhr klingelt der Wecker, Abfahrt zum Flughafen ist eine Stunde später.
Eine unchristliche Zeit. Der Flug nach Frankfurt ist unspektakulär. Uta und ich
haben mal wieder Dank der Reservierung meines Gatten die besten Plätze im
vorderen Teil des Flugzeugs und können schlafen.
Am
Kofferband verabschieden wir uns von den anderen, nehmen unseren Mietwagen in
Empfang und fahren ohne Stau in 2 Stunden nach Hause.
Uta
trinkt noch Kaffee mit mir und mit Tränen in den Augen verabschieden wir uns.
Dauer der Reise: 15 Tage Kosten: rd. 2.500 € + Taschengeld