Neue Wanderung

Nachdem wir 2020 bereits eine Alpenüberquerung gemacht haben, wollen mein Bruder Oliver und ich das auf neuer Strecke erneut angehen. Diesmal ist es – auf meinen Wunsch – etwas altersgerechter mit weniger Höhenmetern.

Wir starten in Mittenwald, die Anreise erfolgt mit der Bahn. Da fängt die Spannung schon an, diverse Mails mit Fahrplanänderungen stören uns nicht. Aber die Mitteilung 4 Wochen vor der Abreise mit dem Hinweis ‚Fahrt nicht wie geplant möglich‘ macht uns dann schon unruhig. Aber zum Glück gibt es in der Mail einen Button ‚Alternativen suchen‘. Dieser führt aber leider ins Leere.

Immerhin ist die Zugbindung aufgehoben, wir reservieren in einem anderen Zug von Duisburg nach Mittenwald Sitzplätze, für die Reservierung im ausgefallenen Zug beantrage ich eine Erstattung.

Nun denn, der gebuchte Zug fährt nur noch bis Nürnberg, aber dank früher (und täglich wiederkehrender) Information durch die Bahn buchen wir einen Umstieg in Frankfurt. Das Chaos im Vorfeld lässt schlimmstes befürchten.

Aber am Abreisetag kommen wir tatsächlich pünktlich in Duisburg los und auch der Umstieg am Flughafen Frankfurt klappt, da beide Züge Verspätung haben. Geht doch 😉

Gute Stimmung im Zug, Schotten und Deutsche feiern im Bistro, um 11:00 Uhr sind alle Alkoholvorräte verkauft. Clever: Ein Bursche bestellt per Lieferando eine Kiste Bier zum Augsburger Bahnhof. Klappt, er verkauft die Flasche für gnädige 2,50€. Die Schotten im Nebenwaggon sind so gut versorgt, dass sie ihr Paulaner an Mitreisende nach einem freundlichen Gespräch verschenken.

Pünktlich steigen wir in München Pasing um, fahren im vollen Zug nach Garmisch und nehmen die letzte Etappe Richtung Mittenwald in Angriff. Gegen 15:00 Uhr kommen wir im Hotel an und beziehen das geräumige Zimmer.

Stadt erkunden und Abends sehr gut Essen gehen, der Abend klingt nach langem Tag gemütlich auf dem Zimmer aus.

Mittenwald nach Leutasch

Heute geht es durch die Geisterklamm. Nach üppigen Frühstück machen wir uns gegen 9:30 Uhr bei 15 Grad auf den Weg. Nach ca. 30 Minuten geht es steil den Berg hoch, um zur Panoramabrücke und zur Geisterklamm zu kommen. Sehr anstrengend, aber auch wirklich sehenswert.

Panoramabrücke
Durch die Geisterklamm

Wir laufen gemütlich durch die Klamm, die schlimmsten Steigungen liegen hinter uns. Im weiteren Verlauf geht es über Forst- und Wirtschaftswege am Fluss entlang, leider kommen uns immer wieder Gruppen von Läufern des Zugspitzlaufs (106 km) entgegen. Teilweise zu Dritt nebeneinander, so dass man drauf achten muss, keine Stockspitze abzubekommen. Wir sind deshalb froh, als wir die Stecke am Mittag endlich verlassen.

Unterwegs

Mit dem Wetter haben wir im Großen und Ganzen Glück. Angesagt ist eine Regen-Wahrscheinlichkeit von 90 % mit 6mm Niederschlag. Erst eine Stunde vor dem Ziel fängt es leicht zu nieseln an, 20 Minuten vor dem Ende müssen wir Überzieher und Jacke einsetzen, da der Regen stärker wird. Aber alles nicht tragisch.

Mit an Bord: Karl

Im kleiner Ortsteil Leutasch Weidach angekommen, trinken wir im M-Preis einen Kaffee und trocknen erst einmal. Anschließend geht es in die Pension Bergfrieden. Hier liegt ein Umschlag mit unseren Unterlagen wie Schlüssel und Gästekarten, geht alles ohne Personal.

Wir beziehen das schlichte Zimmer, haben aber einen großen Balkon 😉

Blick vom Balkon

Abends gehen wir in den Gasthof im Ort, es gibt Pizza aus dem Holzkohleofen. Bislang haben wir noch keinen Hotel-Mitarbeiter gesehen, bestimmt Fachkräftemangel 😈

Von Leutasch nach Landeck

Ein gutes Frühstück mit leckeren Semmeln, guten Aufschnitt aud hausgemachter Marmelade versüßt uns den Start in den Tag. Es hat seit gestern Nachmittag geregnet, auch am Morgen pladdert es kräftig vom Himmel.

Kneifen ist keine Option, so stellt sich nur die Frage, ob komplette Regenklamotten oder nur Regenjacke. Die diversen Wetter-Apps versprechen Besserung ab 9:15 Uhr. Tatsächlich hört der Regen pünktlich auf und wir starten unsere Tour bei 10 Grad.

Es geht entlang einer Forellenzucht den Berg hinauf, heute soll es durch das Moor ins Inntal gehen.

Forellenzucht
Wunderbar grüner Wald

Gegen 10:30 Uhr reißt der Himmel auf und das erste blau ist zu sehen.

Kurz danach geht es auf Plankenwegen durch das Moor.

Durch das Moor

Vorbei an schroffen Bergen geht es auf schmalen Wegen durch die Wälder.

Durch den Ort Telfs laufen wir an der Kirche vorbei Richtung Bahnhof.

Dorfkirche Telfs

Zum Glück müssen wir am Bahnhof nur 10 Minuten warten, dann bringt uns der Zug in knapp 45 Minuten nach Landeck-Zams. Da wir doch ziemlich geschafft sind, gönnen wir uns den Bus ins Zentrum. Dort müssen wir bei inzwischen 22 Grad erst einmal Flüssigkeit nachtanken.

ich hatte Almdudler!

Die Gaststätte gefällt uns so gut, dass wir uns das auch für das heutige Essen vorstellen können. Die Eigentümer sind Serben, um 21:00 Uhr ist Anstoß Serbien gegen England 😉

Von Landeck nach Reschen

Heute geht es mal nicht direkt zu Fuß los, sondern wir müssen gut 75 Minuten mit dem Bus nach Nauders Mühle fahren. Wir starten um 8:45 Uhr im Hotel, kaufen Tagesverpflegung und erreichen den Bus pünktlich. Auch den Sessellift zum Mutzkopf finden wir schnell, so dass wir gegen 10:45 Uhr den Weg angehen können.

Kaiserwetter beim Start
Auf den Mutzkopf

Relativ schnell erreichen wir auf schmalen Wegen den Schwarzen See und den Grünen See.

Schwarzer See und Panorama

Durch schöne Almwiesen steigen wir langsam an, noch ist das Ganze Spaß.

Aber im Laufe der Zeit wird der Weg sehr steil und unwegsam. Es ist nachvollziehbar, dass hier Alternativen und Abkürzungen angeboten werden. Aber wir wollen zum Dreiländereck!

Beispiel Weg (einer der Besseren)

An einem Aufstieg kommt uns eine Wandergruppe entgegen. Zum Teil haben die älteren Herrschaften (jedenfalls älter als wir) keine Stöcke dabei. In einigen Abschnitten müssen sie sich auf den Hosenboden setzen und den Berg runter krabbeln. Stufen von 50 cm Höhe sind keine Seltenheit.

Letztendlich beißen wir uns aber durch und Karl bekommt sein Foto auf dem Grenzstein zwischen Österreich, Italien und der Schweiz.

On the Top

Das Panorama ist aber auch beeindruckend.

Blick vom Dreiländereck

Für den Abstieg wählen wir – natürlich – den anspruchsvollen Höhenweg, der landschaftlich ein Traum ist. Da es aber immer an einer Seite steil abfällt und der Weg sehr schmal ist, ist Trittsicherheit und Schwindelfreiheit schon Voraussetzung dafür. Nach gut 90 Minuten erreichen wir die Rescher Alm.

Schon 200 Meter abgestiegen

Hier tanken wir Flüssigkeit nach, vor uns liegt noch ein Abstieg um weitere 500 Meter über Wiesen und Schotterstrecke.

Gegen 16:45 Uhr erreichen wir den Gasthof Schwarzer Adler in Reschen und sind wirklich geschafft. Zum Glück können wir Abends im Hotel essen, das erspart uns weitere Wege im Ort. Für den morgigen Tag müssen wir sehen, wie sich die Beine anfühlen. Immerhin können wir die Etappe auf 21 km erweitern 😈

Von Reschen nach Naturns

Heute entscheiden wir uns, anstatt mit dem Bus nach St. Valentin zu fahren, lieber den Höhenweg zu laufen. Wir starten zeitig, die Seilbahn beginnt den Betrieb um 9:00 Uhr. Am Schalter rät die Dame von dem Weg ab und meint, wir sollen besser den Mittelweg nehmen, auf der Höhe wäre noch Schnee.

Wir fahren hoch und der Kollege an der Bergstation meint, der Weg sei inzwischen frei.

Wir wandern also los, inzwischen sind wir auf 2.200 Metern Höhe und wir merken sowohl die dünne Luft als auch die gestrige anstrengende Etappe.

Der Weg ist aber wunderschön und wir brauchen gut zwei Stunden bis zur Haideralm. Hier einige Eindrücke:

Kirchturm Reschener See
Kirchturm Reschensee
Enzian
Wanderpfad
Panorama Abfahrt

Nach der Abfahrt laufen wir entlang des Haidersees und anschließend entlang einer Fahrradroute Richtung Burgeis. Inzwischen haben wir 17 km auf dem Tacho und 400 Höhenmeter. Als wir gegen 14:15 Uhr eine Bushaltestelle entdecken und neben dieser auch noch einen Biergarten zur Überbrückung der Wartezeit ist, sind wir uns einig: Feierabend für heute, wir fahren mit dem Bus zum Bahnhof.

Die Regionalbahn bringt uns in 45 Minuten nach Naturns, vom Bahnhof zum Linserhof laufen wir noch knapp 20 Minuten.

Abends essen wir mal nicht landestypisch, sondern entscheiden und für Thailändisch, war eine gute Wahl 🥡

Abendstimmung Terrasse

Von Naturns nach Meran

Die letzte Etappe steht auf dem Plan, heute wollen wir Meran erreichen. Wir sind schon um 8:30 Uhr unterwegs und verpflegen uns noch beim Bäcker. Dann geht die Wanderung los, natürlich bergauf.

Wir laufen immer Wege entlang des Höhenzugs, es geht mehr oder minder steil bergauf und dann wieder runter. Wir merken, dass unsere Beine den 5 Tage in Folge stark beansprucht werden. Bereits am frühen Morgen haben wir 22 Grad, es dürfte ein heißer Tag werden.

Trotz allem ist der Weg wunderbar.

Wir wandern immer wieder an Obstplantagen und Gewässern vorbei.

Apfelbäume
Einer der unzähligen Wasserfälle

Leider sind die Steigungen mit Stufen oder unterschiedlichen Felsbrocken versehen, so dass man immer große Schritte machen muss. Runter sind es oft geschotterte oder mit Wurzel übersäte Wege, bei denen man gerne ins Rutschen kommt.

Hängebrücke

Die letzten fünf Kilometer schleppen wir uns nur noch weiter, ein schönes Kaffee 3 km vor dem Ziel gibt uns die noch einmal Kraft, und so kommen wir gegen 14:45 Uhr in Meran an.

Meraner Dom

Leider sind es weitere 2 km bis zu unserem Hotel Gruberhof, so dass wir insgesamt bei 22 Tageskilometern mit 550 Höhenmetern landen.

Im Hotel kurz duschen, Beine ausstrecken und mit dem Bus zurück in die Stadt. Fußball gucken und Essen wollen wir im Augustiner. Das stellt sich als gute Wahl heraus, sowohl wegen des Ergebnisses als auch wegen der Verpflegung. Um 20.15 Uhr nehmen wir einen Bus zurück zur Unterkunft und beenden diesen für uns sehr anstrengenden Tag.

Rückreise

Da es zum Buchungszeitpunkt keine reservierbare Zugverbindung von Meran nach München gab, habe ich erstmals einen FlixBus gebucht. Dieser fährt bereits um 8:20 Uhr ab Meran Therme, so dass das Frühstück nur aus einem Mitnahme-Brötchen und einem Thermo-Tee besteht.

Um 7:40 Uhr fahren wir mit dem Bus ins Zentrum und laufen das kurze Stück zum Busbahnhof. Dort steht der Bus schon bereit, wir laden das Gepäck ein und entern den Bus.

Auf nach München

An der Fahrt (4:40 Stunden) nach München gab es nichts auszusetzen, die zehnminütige Verspätung war einer Grenzkontrolle der Bundespolizei geschuldet. So sind wir gegen 13:20 Uhr am Hauptbahnhof München und haben noch gut eine Stunde Zeit bis zur planmäßigen Abfahrt des Zuges.

Zeit gut genutzt

Wir trinken in Ruhe ein Bier und sind überrascht, dass der Zug tatsächlich pünktlich bereitgestellt wird. Trotz Ankündigung der Bahn, dass sich die reservierten Plätze geändert haben (neue Sitze wurden nicht genannt) war sowohl der Wagon als auch die Plätze vorhanden. Mit nur 5 Minuten Verspätung verlassen wir München Hbf.

Um etwas Positives zu sagen: Der Service am Sitzplatz durch eine Mitarbeiterin des Bordbistros war toll. Selten so eine freundliche und aufmerksame Bedienung gesehen.

Aber ansonsten: Bis Nordrhein-Westfalen hat der Zug ohne erkennbaren Grund 30 Minuten Verspätung eingesammelt. Kein Problem, außer das Bianka in Duisburg auf mich wartet. Als dann aber 2 Minuten vor Düsseldorf durchgesagt wurde, dass der Zug (Ziel: Dortmund) heute in Düsseldorf endet, waren wir doch ziemlich sauer. Gemeinsam mit Hunderten Reisenden aus dem Zug und eine alternative Verbindung suchen. Letztendlich haben wir Glück gehabt und schnell einen RegionalExpress gefunden, so dass nur zusätzliche 10 Minuten Verspätung dazu kamen. Ankunft Duisburg 20:00 Uhr, Ende einer schönen Wandertour.