Zugfahrt

Alle standen pünktlich um 4.30 vor dem Hotel. Kishan brachte uns zum Bahnhof und fuhr mit unserem Gepäck direkt weiter. So hatten wir nur unseren Tagesrucksack dabei. Wenn ich jedoch geahnt hätte, was mich am Bahnhof erwartet, dann hätte ich die Fahrt im Bus vorgezogen.
Bereits vor dem Bahnhof stank es heftigst nach Urin. Zu dieser Uhrzeit nicht unbedingt der Duft, den ich brauche. In der Bahnhofshalle lagen mind. 50 Personen in Decken gehüllt auf dem Boden und schliefen. Es sah aus wie ein großer Schlafsaal. Jetzt wurde mir auch klar, warum es vor dem Bahnhof so stank, denn Toiletten hatte ich nicht gesehen und Pipi muss ja jeder mal. Auch auf dem Bahnsteig lag hie und da noch eine schlafende Person. Auch hier stank es ganz entsetzlich und zwischen den Gleisen sahen wir massenhaft Ratten umherhuschen und nach etwas Essbaren suchen.
Als dann Tee angeboten wurde und alle eifrig das Angebot wahrnahmen, konnte ich mich nur schütteln. Allein die Tatsache, dass ich auf den dreckigen Bahnsteig gefallen wäre, hielt mich von einem Ohnmachtsanfall ab. Erst im Zug ging es mir besser.
Im Zug hatten wir unsere Bank zuerst für uns alleine, aber dann drängten immer mehr Inder in unser Abteil und ganz zögerlich nahm eine Mutter mit ihrem kleinen Sohn neben Heiko Platz. Während die Mutter möglichst unauffällig versuchte, uns zu beobachten, starrte das Kind Heiko wie ein neues Weltwunder an.

Im Hotel angekommen, das ein ehemaliger Maharadscha-Palast war, waren wir erst enttäuscht über das Zimmer, dass uns zugewiesen wurde. Das Himmel-Bettchen war ca. 1,40 breit, was uns nicht störte, aber nur ca. 1,80 lang. So haben wir dann den Manager nach einem anderen Zimmer gefragt und auch sofort eins für lange Menschen bekommen. Hier standen zwei Betten ohne Fußteil, also genau richtig. Vor unserem Zimmer hatten wir eine kleine Terrasse, auf der wir es uns sofort gemütlich machten. Die anderen aus der Gruppe waren in einem Nebentrakt untergebracht, hier waren die Zimmer wesentlich kleiner und sehr dunkel.
Um 12.00 Uhr kamen die Neuen, die den Rest der Reise mit uns verbringen sollten. Von unserem Sitzplatz hatten wir eine prima Übersicht und so hatten die Anderen bald ihre Spitznamen weg: Gerd (Ruge), Birgit (die Farblose), Kerstin (die Abgefressene), Christa (die Lufttrockene), Günter (Hutzelchen), Marlene blieb Marlene, denn der Name passte ausgezeichnet und dann waren da noch Karin und Bernd, ein Ehepaar aus Berlin.
Nach einem kurzen ersten gemeinsamen Ausflug durch Jaipur zum Palast der Winde, war es uns schnell klar, dass wir mit so einer Horde nicht durch die Gegend ziehen werden. So seilte sich die „Rajasthan-Gruppe“ schnell ab und führte die weitere Stadtbesichtigung in Eigenregie durch. Wir gingen zum Observatorium, wo Nicola und ich Stinki kennen gelernt haben, ein kleines ca. 2jähriges Mädchen, auf das der Name wirklich passte.
Anschließend haben wir uns noch bei einem Straßenhändler niedergelassen, der auf sympathische Weise sehr geschäftstüchtig war, uns Stühlchen herbeiholte und mit kühlen Getränken versorgte. Die Rückfahrt haben wir mit Nicola, Axel und Andi in einem Tuk-Tuk zurückgelegt. Die beiden Jungs saßen hinten, entgegen der Fahrrichtung und unterhielten sich mit den anderen Verkehrsteilnehmern. Nicola und Heiko plauderten rechts und links mit anderen Fahrrad- und Tuk-Tukfahrern. Meine Aufgabe, vorne sitzend, war es, den Fahrer bei Laune zu halten.
Nach kurzem Besuch am Pool und kleiner Siesta, war Treffen zum allgemeinen Kennen lernen auf der Dachterrasse angesagt. Da sich die Neuen an der rechten Tischhälfte und wir uns an der linken Tischhälfte niederließen, hätten wir uns das auch sparen können. Eigentlich wollten wir uns für den Rest des Abends im Garten versammeln, aber der wurde von einer Horde von Rotel-Leuten blockiert. So hat Dunja uns sieben (Andi schwächelte) kurzerhand zu sich auf ihre kleine Dachterrasse eingeladen. Dort konnten wir in Ruhe lästern und der Plan für den morgigen Tag ausgeheckt: Affentempel, Basar und Aufstieg zum Fort. Die Taxen wurden für 9.00 Uhr bestellt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.