Den Wecker hätten wir uns heute sparen können, denn wir wurden unsanft von einer Hinterhofbewohnerin geweckt, die bei Sonnenaufgang der Meinung war, mit dem Wäschewaschen beginnen zu müssen. Der Lärm entstand durch das Schlagen von nassem Stoff auf Steine.
Nach dem Frühstück ging es wie geplant um halb neun los. Nach gut einer Stunde wurde an einer riesigen Shiva-Statue Halt gemacht. Vor der Statue stand ein kleiner Altar. Erst wurden von den Gläubigen nach diversen Verbeugungen Blümchen abgelegt, dann wurde das Glöckchen am Altar geläutet. Interessant war auch zu beobachten, dass jeder Auto oder Motorradfahrer, der an der Statue vorbeifuhr, die rechte Hand zur Stirn und dann in Richtung Shiva führte und dann weiter fuhr.
Ach ja, auf einem Motorrad hat in Indien eine 4köpfige Familie Platz. Vor dem Vater sitzt das ältere Kind, hinter dem Vater die Mutter im Damensitz und die hat das jüngere Kind auf dem Schoß.
Nach einer kurzen Teepause an einem Straßenrand, wo wir nie im Leben angehalten hätten, es aber toll schmeckte und nach einer längeren Mittagspause waren wir nach 8 Stunden am Ziel.
Der Weg zum Ziel war abenteuerlich! Was zuerst als zweispurige Straße begann, ging über in eine einspurige und endete in einer Sandpiste. Aber was wir unterwegs alles gesehen haben! Wir sind durch Dörfer gefahren, die durch ihre bunt gekleideten Frauen in ihren Saris zum Leben erweckt wurden. Zwischendurch wuselten Schulkinder in ihren Uniformen auf dem Weg nach Hause durch das Gewühl am Straßenrand. Kamelkarren fuhren an uns vorbei, wenn wir warten mussten, dass eine Lücke auf der Straße entsteht, die groß genug für den Bus ist. Die Driver der Karren konnten aufgrund ihrer erhöhten Sitzpositionen in die Busfenster hineinsehen, sie lächelten und winkten uns zu.
Dann kamen öde Landschaftsabschnitte, wo uns die Augen zufielen und wir vor uns hin dösten. An den Straßenrändern saßen hie und da ein paar Männer, deren Frauen auf den Feldern das Getreide ernteten. Dies geschah mit kleinen ca. 20 cm langen Handsicheln. Es hätte den gleichen Effekt, wenn wir zu Hause mit einer Nagelschere den Rasen kürzen würden.
Hier merkten wir schon, dass der Inder im Allgemeinen viel Zeit hat.
Dann kamen wir an unserem Hotel in Mandawar an. Wir wurden von dem Empfangskomitee bereits erwartet. Jeder bekam mit Henna-Pulver einen Punkt auf die Stirn gemalt und eine bunte Plüschkette umgehängt. Die Zimmer waren der Hit schlechthin. Wie ein kleiner Maharadscha-Palast mit gemauerter Sitzecke und in einem anderem Raum ein ebenfalls gemauertes Bett. Weiter ging es ins Bad, dass die Ausmaße eines Tanzsaales hatte. In die Wohnräume waren kleine 5eckige Nischen gemauert, in denen entweder kleine Lichter brannten oder die als Ablage dienten. Alles war verziert mit weißen Ornamenten, die auf den lehmbraunen Wänden optimal zur Geltung kamen. Wir verabredeten uns für 19.00 Uhr zum Essen. Es soll für uns ein Buffet-Essen geben.
Das gab es dann auch. Es war Spitzenklasse. Zur allgemeinen Unterhaltung tanzte noch ein ca. 3jähriges Mädchen mit ihrem ca. 6jährigen Bruder zu indischen Klängen, die vom Vater dargeboten wurden. Dann gab es noch ein Marionettenspiel und zum Schluss zog eine mandawarische Gruppe mit Trommeln und Feuerschluckern ihre Kreise um unseren Tisch.
Nach dem Essen haben wir noch gemütlich zusammen gesessen und gegen 22.00 Uhr ging es in die Heia.