Mandalay

Fix schlief ich wieder ein und wurde erst wieder wach, als die Sonne aufging. So habe ich gut und gerne 8 Stunden gepennt. Sogar Hasi hat seinen Wachposten für 3 Stunden aufgeben können.
Im Nachhinein erfuhr ich, dass der Rest der Gruppe wenig bis gar nicht geschlafen hatte.

Ankunft im Bahnhof von Mandalay

Wir waren nun also in der Stadt mit dem wunderschönen Namen Mandalay angekommen, die sogar schon von Robbie Williams besungen wurde.
Unser Hotel war ganz gut, allerdings der Geruch nach Mottenkugel im Bereich des Foyers für meinen Geschmack etwas zu intensiv.
Nachdem wir unsere Zimmer bezogen hatten, gab es Frühstück und schon machten wir uns mit dem Bus auf die Socken, um die Umgebung von Mandalay zu erkunden.

Unser Reisebus. Eine Geschichte für sich:
Der Bus hatte 22 Sitzplätze und mindestens genau so viele Stehplätze, dafür aber kein Gepäckfach und keine Ablagemöglichkeiten über den Köpfen.
Als Ausgleich dazu, waren die Sitze ausgesessen und nur 40 x 40 breit. (Also nix für europäische Wohlstandshintern) Die Armlehne des Gangsitzes konnte nicht in hochgestellt werden, die Klimaanlage funktionierte ab der 4. Reihe nicht, dafür saß man in der hintersten Reihe auf den Motor und der Hintern wurde gegrillt.
Früher, als der Bus noch neu und modern war, wurde er in China als Stadtbus eingesetzt, so deuteten wir es jedenfalls und die chinesischen Schriftzeichen, die neben den Klingelknöpfen angebracht waren, hießen übersetzt bestimmt “wenn halt – dann drücken”.

Unser hochmoderner 20-Sitzer-Bus

Da saßen wir also. Eng aneinander gekuschelt. Ich glaube, die Sitzfläche unsers Sessels im Wohnzimmer hat die Breite von 80 Zentimetern, wenn wir das also gewusst hätten, zu Hause üben für burmesische Busfahrten wäre nie einfacher gewesen.
Heiko meinte, wir sollten im Bus tageweise rotieren, damit jeder mal auf guten und schlechten Plätze sitzt. Dann tat er noch kund, dass dies der zweitbeste Bus der Agentur sei, mit dem besten wären wir in Yangon gefahren und dort wäre er auch noch.

Wir waren mit unserer Meckerei gerade am Ende, da hielten wir auch schon am Fuß von Mandalay Hill. Auf den Berg und damit zu der oben errichteten Pagode konnte man entweder laufen oder – und diese Variante wählten wir – man konnte sich von Pick ups auf den 236 m hohen Berg fahren lassen. Oben angekommen erwartete uns leider nicht der erhoffte grandiose Fernblick, es war dunstig. So erfreute ich mich eben an der Two Snake Pagoda mit ihren vielen Spiegelmosaiken.
Wieder unten am Berg angekommen, fiel mir die große Reklametafel eines Handlesers auf. Ich also hin. Ich sah im Schatten einen alten Mann sitzen. Höflich und mit artiger Körperbeugung fragte ich ihn, ob er fotografiert werden möchte. Er nickte freudestrahlend und als ich ihm dann sein Foto auf der Digitalkamera zeigte, hatte auch er seinen Spaß und erklärte mir mit stolzgeschwellter Brust, er sein ein Hindu und kein Buddhist und daher ein Spezialist im Lesen von Linien in den Händen. Aha.

Der sympathische Handleser von Mandalay

Weiter ging es dann zur Kuthodaw Pagode. Hier war es nicht die große Pagode, die mich zum Entzücken brachte, sondern die 729 Marmortafeln, auf denen die buddhistische Lehre mit kleinen, in Brezelschrift gehaltenen Wörtern eingraviert war. Jede Tafel stand in einer eigenen kleinen Pagode von ca. 4 m² und etwa 2,50 Meter Höhe. Es war einfach toll.
Die Größe des Kunstwerkes und das, was ich durch den Reiseführer erfuhr, (wie z.B., dass derjenige, der alle Tafeln lesen will, dafür 450 Tage braucht – vorausgesetzt, er liest 8 Stunden pro Tag), konnte ich erst richtig verstehen, als ich das anschaulich gehaltenen Model sah.
Im Inneren der Pagode verkauften nette Mädlchen handtellergroße Gongs. Ich konnte natürlich nicht daran vorbeigehen und nehme mir fest vor, ihn als “Hasi, das Essen ist fertig” Gong zu benutzen und bin jetzt schon gespannt, wie lange es dauert, bis auch unser Kater den Zusammenhang zwischen dem Gonglaut und der Essensverteilung seiner Menschen erkennt.

Der nächste Stopp galt dem Shwenandaw Kloster und ich bin froh, dass ich mir zwischendurch immer Stichworte aufgeschrieben habe, sonst wäre ich mit der Reihenfolge und den Namen von Pagoden, Stupas und Klöstern durcheinander gekommen.
Das Besondere für mich an diesem Kloster war a) die Tatsache, dass es nur aus Teakholz besteht und b) schon zweimal “umgezogen” ist. Wie so ein Umzug durchgeführt werden konnte, war mir ein Rätsel, zumal das Kloster ein riesengroßes 2stöckiges Haus mit umlaufenden Balkonen ist und auf 150 dicken Teaksäulen steht.

Das Shwenandaw-Kloster

Ganze 800 Tonnen soll der Marmorblock wiegen, aus dem der 15 Meter hohe Buddha der Kyauktawgyi Pagode besteht.
Nachgewogen hat es keiner, so wie auch keiner von uns kontrolliert hat, ob der Schmuck auf seiner Stirn wirklich aus 54 einkarätigen Diamanten besteht. Ich muss aber zugeben, dass mir die Information bezüglich der glitzernden Steine wesentlich wichtiger gewesen wäre.

Die anschließende Pause nutzen einige zum Mittagessen, Heiko und ich gönnten uns eine Star-Cola, die burmesische Variante der Pepsi Cola. Hunger hatten wir beide keinen, für alle Fälle kauften wir uns aber noch ein Päckchen Kekse, das natürlich den Abend nicht überlebte.
(Wenn ich ehrlich sein soll, auch nicht die nächsten zwei Stunden, aber was gibt es schöneres auf der Welt, als eng aneinander gekuschelt im überhitzen Bus zu sitzen und die schwitzigen Anziehsachen mit Kekskrümeln zu garnieren?)

Bevor wir einen Kulturschock erlitten, galt unser nächster Halt einer Blattgold Werkstatt. Aus Fernsehberichten über die Vergoldung der Teilbereiche des Nachbaus vom legendären Bernsteinzimmers wusste ich, dass Blattgold hauchdünn ist.
Wie dünn “hauchdünn” ist, weiß ich aber erst, nachdem ich es selber mit eigenen Augen gesehen habe. Es ist so dünn wie ……. ja wie denn? Mir fällt nichts ein, was vergleichbar wäre.
Interessant war es auf jeden Fall, bei der Herstellung zu zu sehen. Die Mädchen, die das Blattgold, das Männer zuvor “geschlagen” haben, zu den kleinen Päckchen zusammen führten, saßen in einem separaten Bereich, der mit einer Glasscheibe gegen etwaigen Luftzug geschützt war. Das Blattgold war so dünn, dass ein Luftzug es hätte zerreißen können. Kann man sich jetzt ein Bild davon machen, wie dünn Blattgold ist???

Gegenüber der Werkstatt, auf der anderen Straßenseite, sah ich dann aber etwas, was ich noch nie in meinem Leben gesehen habe. Riesige, mindestens 8 Meter lange und ca. 50 cm breite Pythonhäute waren zum Trocknen über eine Holzstange gehängt worden. Hatte ich jemals mit dem Gedanken gespielt, eine Python in freier Wildbahn, sprich im Dschungel sehen zu wollen? Nachdem mir hier vor Augen geführt wurde, wie groß die Viecher werden können, brauche ich den Anblick von lebendigen Exemplaren nicht wirklich.

Die letzte Besichtigung einer heiligen Stätte des Tages war die der Mahamuni Pagode.
Die Mahamuni Statur in der Mitte dieser Pagode soll die mit Abstand meistverehrte Figur Myanmars sein. Als Zeichen der Ehrerbietung wird sie permanent von Männern (Frauen dürfen nicht an sie ran) mit Blattgold beklebt. Die etwas über 100 Jahre alte Figur ist kaum noch als solche zu erkennen. Das Gewicht des aufgeklebten Goldes wird auf mehrere hundert Kilogramm Gold geschätzt. Am Arm soll 25 cm Blattgold und an der Brust sogar 35 cm Blattgold kleben. Die Finger der rechten Hand haben ihre ursprüngliche Form auf jeden Fall schon verloren.

Ich weiß jetzt ja, wie dünn Blattgold ist und kann daher nicht erahnen, wie viele Menschen ihr Geld in Blattgold getauscht haben – anstatt sich was zum Essen oder zum Anziehen zu kaufen – nur um diese Pilgerstätte aufzusuchen und die Statur zu bekleben. Mit offenem Mund stehe ich in gebührlichem Abstand vor dem Klotz Gold. Viel näher als 10 Meter darf ich als Frau ja nicht an Mahamuni ran.

Im Reiseführer lese ich dann nach (Hasi macht derweil die Fotos für uns), dass die Menge Blattgold, die beim Ankleben herunterfällt, zusammengekehrt wird und pro Jahr ein knappes Kilo Gold betragen soll. Auf der Stirn trägt Mahamuni mehr Rubine, Saphire und Diamanten, als jedes andere gekrönte Haupt Europas ….. Hasi, lass uns gehen, mir wird schwindelig!

Nachdem wir fast den ganzen Tag etwas für unser geistliches Wohlbefinden etwas getan bzw. uns angesehen hatten, kam nun der Werkstättenmarathon.
Zuerst waren die Marionettenhersteller an der Reihe. Der Stopp war für mich entgegen aller Erwartungen sehr interessant, da wir den Mädchen, die die Kleider der Marionetten sticken, direkt auf die Finger sehen konnten.
Die Besuche bei den Steinhauern (der Buddhafiguren) und Bronzegießern (auch der Buddhafiguren) haben mich dann nicht so vom Hocker gehauen.

Eigentlich war ich von den ganzen zu Gesicht bekommen Sachen satt. Meine geistige Aufnahmekapazität an visuellen Dingen war gleich null und daher verließ ich mit relativ wenig Elan den Bus, der uns zur letzten Station, dem Sonnenaufgang bei der U-Bein-Brücke brachte. Quatsch, natürlich nicht Auf- sondern Untergang. Jetzt konnte ich erkennen, wie kaputt ich war.

Das Angebot, sich mit einem Boot über den Fluss rudern zu lassen, den man vorher zu Fuß auf der U-Bein-Brücke überquert hatte, konnte mich nicht locken. Zum Glück sah Hasi es genauso. Wir saßen also in einer Art Biergarten, ohne Bier, dafür aber mit frisch aufgeschlagener Kokosnuss und beobachteten das bunte Treiben auf der längsten (1,2 km) Teakholzbrücke der Welt. Es war herrlich ruhig und entspannend.

Sonnenuntergang nahe der U Bein Brücke

Allerdings begann hier auch mein Faible für Kinderbilder. Zwei ganz niedliche, von oben bis unten staubige und mit Rotznasen versehene Jungs drückten sich neugierig an unserem Tisch herum. Ich nahm Augenkontakt mit ihnen auf und bestach sie dann mit je einem Bonbon sich zu uns setzten, damit ich meine Fotos machen konnte. Das war nun der Anfang. Viele, viele Kinderbilder sollten noch kommen, ich wusste jetzt ja, womit sie zu locken war. Ab sofort gab es daher keine Bonbons mehr für uns.

Das erste von einer ganzen Reihe von Kinderbildern

Zurück im Hotel gab es als Belohnung für den Tag erst ein großes kaltes Bier und dann eine Thai Suppe. Scharf war sie. Als Einlage waren Nudel, Hühnchenfleisch (?) und Wachteleier zu erkennen. An diese kleinen Dinger hatte ich mich bislang nicht herangetraut – schmeckten dann aber so wie ein ganz kleines Hühnerei.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.